Anna Haifisch ist ein Phänomen. Ihre klugen, oft selbstironischen Comics in unverkennbarem Haifisch-Stil gezeichnet, erobern die Comicszene und den Kunstbetrieb gleichermaßen. Sie ist international gefragt, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet – unter anderem 2020 mit dem Max und Moritz-Preis als „Beste deutschsprachige Comic-Künstlerin“ – und arbeitete bereits für das MoMA in New York.

„The Artist – Ode an die Feder“ ist der Titel des dritten Bands der von Anna Haifisch seit 2016 erscheinenden Comicreihe über das Künstlerdasein. Im Leben von The Artist hat sich seit den entbehrungsreichen Anfangstagen vieles verändert. Nach dem mühsamen Aufstieg innerhalb der Kunstwelt, ist er nun maximal erfolgreich und hat alles, was er sich immer gewünscht hat. Und doch ist sein Leben ein einziges Drama, denn er ist eben immer noch ein weinerlicher, sensibler Künstler. Er fühlt sich vom Kunstmarkt ausgenommen und trauert seiner Schaffenszeit in Armut hinterher. Ein Dasein zwischen Größenwahn und Nervenzusammenbruch – der Stoff für eine große dramatische Oper!

In ihrem neuen Buch „Residenz Fahrenbühl“ kreist Anna Haifisch weiter um ihr Lieblingsmotiv des leidenden Künstlers. Fahrenbühl ist eine von zwei Mäusen bewohnte abgeschiedene Künstlerresidenz. Es ist der schönste Ort der Welt. Das Ländliche, so sagt man, stiftet Ruhe und Besinnung. Doch die Monotonie der Abgeschiedenheit beginnt auf die Stimmung zu drücken. Wer das Paradies bewahren will, muss zu radikalen Mitteln greifen. In diesem Punkt unterscheidet sich eine Maus nicht von Gott. 

Funny Animal Comics sind eine zentrale Inspiration für Anna Haifischs Arbeit. „Funny“ bezieht sich dabei weniger auf den Inhalt als auf die vordergründige Harmlosigkeit von Tierfiguren. Die Leichtigkeit und scheinbare Albernheit von Funny Animal Comics entwickeln ihre volle Anziehungskraft, wenn die Stimmung ins Melancholische oder Dunkle zu kippen droht. Diese Zustände führt Anna Haifisch mit großer Freude herbei.
Simon Klingler