Melek + ich
Selten wurde ein Debüt vorgelegt, das so lebendig und bei aller Unfertigkeit so stark ist, wie „Melek + ich“ von Lina Ehrentraut. Die Wissenschaftlerin Nici hat eine Maschine gebaut, mit deren Hilfe man durch die Dimensionen reisen kann. Nici schafft dafür ein Alter Ego und nennt das Melek. Die erste Reise führt die Wissenschaftlerin zu sich selbst: Melek trifft Nici – die im Paralleluniversum das komplette Gegenteil der ursprünglichen Nici ist: nämlich unordentlich und verpeilt. Die Wissenschaftlerin wird eine Affäre mit ihrem Alter Ego eingehen, bei der es funkelt und kracht. Das ist krude. Und das macht nichts, denn Lina Ehrentraut zeichnet die Emotionen mit ihren rüden schwarzen Strichen so klar, dass Melek und Nici wie offene Bücher wirken. Lesbische Beziehungen sind in den Comics von Lina Ehrentraut vorherrschend und so normal, dass kein Wort darüber verloren wird. Sex zeichnet sie so explizit, dass einzelne Seiten fast pornografisch wirken. Denn Lina Ehrentraut will, dass Vergnügen in seiner ganzen Vielfältigkeit sichtbar ist. Und dann mischt sie auch noch knallbunte Malereien zwischen ihre schwarz-weiß gezeichneten Comics – abstrakte Farbexplosionen oder Menschen, die schwimmen, singen, küssen oder Sex haben. Das ist stark und wirkt, als wären die Protagonist*innen auf einem Endorphin-Trip.